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Neujahrsbrief 2022

Alles Gute zum neuen Jahr, mit dem innigen Wunsch, dass wir uns auf den Kunstpilgerwegen Venedig, Pristina, Kassel, Berlin, Basel oder anderswo wiedersehen.

Am Anfang des Jahres möchte ich über die schönsten Ereignisse des vergangenen Jahres berichten, ein Weg trotz der Pandemie bedingten Einschränkungen ein bisschen von dem, was mich bewegt hat, mit Euch zu teilen.

Um eine selektive Lektüre zu ermöglichen, habe ich (im beigefügten PDF mit Fotos [1.592 KB] ) mit roter Markierung operiert.

Das Jahr hat angefangen, wie es aufhört: in stiller Zweisamkeit. Gerade recht zu meinem Geburtstag am 20. März organisierte Rolf eine Reise nach München, um einen Anhänger am Kochelsee abzuholen. Es herrschte noch der Lock down. So übernachteten wir im noblen Bayrischen Hof und feierten meinen Geburtstag im einzig offenen Hotelrestaurant mit zwei anderen Tischgesellschaften, die dieselbe Idee hatten. Gleichzeitig war es ein 24-stündiger Museumsmarathon: zuerst die Pinakothek der Moderne mit verschiedenen Ausstellungen, bei denen Sammlungsbestände mit zeitgenössischen Werken aus anderen Sammlungen konfrontiert wurden, u. a. aus der Sammlung Götz, was neue Perspektiven und Einblicke ermöglichte. Im Haus der Kunst war ich von den Monumentalskulpturen von Phyllidia Barlow, sehr beieindruckt: es sind Holzassemblagen, die, durch in Gips getränkte Mullbinden zusammen-gehalten, wuchtige Blöcke tragen. Sie bringen die Fragilität des Gleichgewichts zum Ausdruck und – im übertragenen Sinn, die Notwendigkeit der Solidarität um Schweres zu bewältigen. Ebenso beeindruckend die imposanten Gemälde des Britisch-Kenianischen Malers Michel Armitage, der europäische mit ostafrikanischen Themen und Techniken verbindet. Im Brandhorst Museum gab es eine Gegenüberstellung von USA und deutscher Pop’ Art. Dann ab mit der Lokalbahn nach Tutzing durch eine verspätete, romantische Schneelandschaft. Im Marc Museum war neben den schönen Gemälden von Franz Marc eine Kiefer Ausstellung zu sehen. Aber sie hielt mit der Qualität der anderen Ausstellungen nicht stand. Eine echte Freude machte uns der Besuch eines Schulfreundes von Rolf, des Musikers und Komponisten Jochen Schmidt und seiner Frau Martina –Schweizerin wie ich. Wir tauchten in die Welt der Musik und von Kaffeesorten, hatten viel Freude an der Spaghettata, am Teilen gemeinsamer Interessen.

Es zog uns mehrmals nach Berlin, wo wir viele Freunde und Bekannte haben. Rolf zieht es immer wieder zu den Segelclubs und mich in die Museen und Galerien. Oft wohnten wir bei Inken und Markus, direkt am Tiefen See. Es gehört zu den Ritualen, dass Inken und ich den Tag mit einem Sprung ins Wasser beginnen. Das möchte ich nicht missen.

Ein anderer Anziehungspunkt ist Wien, seit meinem Studium meine Wahlheimat, Es ist nicht nur eine wunderschöne Stadt mit einem reichen Kulturangebot, sondern dort sind meine Jungendfreunde und Elsa, mein Patenkind mit ihrer Familie - und gerade das gibt mir dieses Gefühl des zuhause Seins. Kultureller Höhepunkt war das Konzert im Musikverein, mit Currentzis am Pult und Yulianna Avdeeva am Klavier, die Werke von Prokofieff interpretierten. Nicht nur Currentzis tänzelte, sondern die ganze Musik schwebte und wirbelte, schnell, präzise, leicht in der Luft und verzauberte den mitgerissenen Zuhörer. Schon allein beim Schreiben kommt bei mir Wehmut auf.

Ein anderes musikalisches Erlebnis war mein erster Besuch in Bayreuth, wo Nitsch die konzertant aufgeführte Walküre wortwörtlich malerisch komponierte. Es gab mir den Mut meine allererste Opernkritik zu wagen. Wen es interessiert findet sie unter Bayreuth: Richard Wagners Walküre abstrakt inszeniert von Hermann Nitsch (artmagazine.cc).
Auch der Fliegende Holländer überzeugte unter der dynamischen Leitung von Oksana Lyniv, der ersten Frau am Dirigentenpult in Bayreuth und einer glänzenden Asmik Grigorian als frech-junge Senta. Man kann der trockenen Bühnenarchitektur verzeihen, kein Schiff am Hafen zu zeigen, allerdings ist die Interpretation des Holländers als russischer Maffioso, der Eric und weitere Matrosen umbringt, bevor er selbst von Mary erschossen wird, doch sehr weit entfernt vom Libretto.

Aber nicht nur die Oper, sondern der ganze Aufenthalt war ein Erlebnis, umso mehr als wir die Stadt mit unseren Wiener Freunden Pedrito und Bo entdeckten und das bei blauem Himmel – eine Seltenheit in diesem Jahr. Besonders die Wagners Villa Wahnfried, das Neue Schloss und die Eremitage haben uns beeindruckt. Interessant für mich auch die Begegnung mit versierten Musikkritiker aus aller Welt.

In Ermangelung der Möglichkeit ferner Reisen, organisierte die IKT (International Association of Curators of Contemporary Art), der ich seit Ewigkeiten angehöre, ein wunderbares Wochenende, pendelnd vom Marta Herford, über die Kunsthalle Bielefeld zur Kunsthalle von Osnabrück. Ein solches Treffen wirkt wie ein Jungbrunnen: Man sieht alte Freunde wieder, entdeckt neue Menschen, sieht interessante Ausstellung, präsentiert von jenen, die sie erdacht haben. Es entstehen inhaltlich spannende und im Ton so lockere Diskussionen, dass sie Anregungen und neue Sichtweisen mitliefern, den eigenen Weg begleiten, manchmal verändern, wie selbstverständlich.

Es folgte eine Stippvisite nach Amsterdam, um die Ausstellung Slavery: Decolonising Museum im Rijksmuseum zur Vorbereitung des ersten Webinars Ruptured Histories, organisiert durch den Fellowship Fund der AICA international, dessen Vorsitzende ich bin. Interessant die Gegenüberstellung historischer Geschichten erzählt von heutigen Nachfahren, die in Amsterdam leben. Ich war erstaunt festzustellen, dass ein einziges Werk der zeitgenössischen Kunst inkludiert war, das schon fast ikonische, aus Benzinkanistern zusammengesetzte, Schiff La Bouche du Roi von Romuald Hazoumé. Es war natürlich herrlich wieder einmal die großartige Sammlung des Rijksmuseum Museum und jene des Stedelijk zu sehen. Es tat auch in dem Sinne gut, dass die Stadt voller Leben war, die Straßen voll und außer ein paar Ausländer niemand eine Maske trug.

Ich hatte es mir geschworen: die letzte Installation von Christo will ich sehen! Sehr gerne nahm ich die Einladung von Josselyne an ein paar Tage in Paris zu verbringen und der Eindruck blieb nicht unter meinen Erwartungen: der Arc de Triomphe, auf seine Konturen reduziert, strahlte silbern vor dem satten blauen Himmel, skulptural und immateriell zugleich und das, inmitten einer Insel von zufriedenen Fußgängern, die den ganzen Platz für sich allein hatten. Ein Fleck Paris ohne Autos, fast so erstaunlich wie Christos Monument!

Ein anderes Meisterwerk ist die Restaurierung und Umwandlung der Bourse du Commerce durch Tadao Ando in das Privatmuseum von François Pinault. Genial die Verbindung der historischen Innenfassade des 18. Jahrhunderts von Henri Blondel, die von einer großartigen Kuppel überdacht wird, und dem eingebauten Zylinder aus Beton – dem eigentlichen Ausstellungbereich, dessen Flachdach begehbar ist und dem Besucher die Möglichkeit gibt, die Kuppel von ganz nah zu betrachten. Die Sammlung ist interessant, aber sehr museal und distanziert präsentiert. Jeder Künstler hat ausreichend Platz und ist mit mehreren Werken vertreten. Doch ich würde mir wünschen, dass hier mehr geschieht, dass sich die Werke die Architektur zu eigen machen, lebendiger werden. Vielleicht kommt das mit der Zeit.

Der Winter kommt, die Pandemie droht. Unser Kongress zu Kunst/Kritik in Ost und West, eine deutsch-deutsche Geschichte, der im Dezember in Dresden stattfinden sollte, wird zum zweiten Mal verschoben, dieses Mal auf den Sommer 2022. Unter größten Restriktionen gelang es uns zum Glück noch die Auszeichnungen der deutschen Sektion der AICA 2020 (!) am 4. Dezember im geehrten Bauhaus Museum in Dessau zu überreichen.

Es ist sicher ein ganz einseitiger Bericht: ich hätte sicher noch unseren Aufenthalt am Starnberger- und Boostal See erwähnen können, wo ich als Begleitung von Rolf ein bisschen Auszeit genoss.

Aber es gab vor allem noch viel Arbeit: die Veröffentlichung des AICA-Preis Walter Grasskamp, Ein Engel verschwindet, das online unter arthistoricum.net - ART-Books (uni-heidelberg.de) zu lesen ist; die Veröffentlichung der Kongressakten Kunstkritik in Zeiten von Populismen und Nationalismen, ebenfalls bei arthsitoricum.net zu lesen unter https://books.ub.uni-heidelberg.de/arthistoricum/catalog/book/892?lang=de. Beide Publikationen gibt es ebenfalls auf Englisch und in Print. Ob das der richtige Zeitvertreib für die grauen Tage ist?

Über Nachrichten, Kommentare, kleine Lebenszeichen würde ich mich riesig freuen.

Herzlich Eure

Danièle

Wir sind Charlie! sieben Jahre danach!

In Anbetracht der grauenhaften Tötung von Samuel Pathy, der Kirchenbesucher in Nizza und des Attentats am Schwedenplatz in Wien, der 22 ermordeten Studierenden in Kabul möchte ich all den Trauernden mein Mitgefühl ausdrücken und die Politik zur mutigen Verteidigung der Presse-, Meinungs- und Religionsfreihheit ermuntren. Heute wie damlals:
WIR SIND CHARLIE 07.01.2015